Wöchentlich grüßt das Murmeltier: Top-10-Gedanken

Flower
Woche für Woche der Blick auf die deutschen Charts, um zu sehen, welche Platten sich so am besten verkaufen. Am „besten verkaufen“ heißt aber nicht automatisch „am besten“ – im Gegenteil. Das Ganze will also eingeordnet werden. Und was musste ich da feststellen? Ganz oben in der Hitparade der meistverkauften Alben in Deutschland gibt es Bewegung, auf den unteren Rängen tummeln sich dagegen alte Bekannte.
So wie Tim Bendzko, der auf Platz 10 und immer noch „Am seidenen Faden“ hängt. Der Endzwanziger Bendzko ist eine Art musikalisches Lifestlye-Magazin: In seinen Liedern liefert er ungefragt und unermüdlich Ratschläge für ein besseres, ein glückliches Leben. Am Ende der Platte fühlt man sich tatsächlich ein bisschen schlauer. Und macht dann doch wieder die alten Fehler.
Glücksgefühle auch auf Platz 9, denn da wartet Beatrice Egli mit dem gleichnamigen Album. Viel Schlechtes ist in den letzten Wochen hier an dieser Stelle über die singende Friseuse aus der Schweiz gesagt worden. Zeit für ein paar positive Worte: Ihre Haare gefallen mir immer wieder, auch wenn das Blond darin genauso echt sein dürfte wie die Gefühle in ihren Liedern.
Und damit zu Platz 8 und zum Daft-Punk-Album „Random Access Memories“. Die Produktion dieser Platte hat – im Gegensatz zu Beatrice Eglis Eckkneipen-Schlagern - richtig viel Geld gekostet. Das hört man ihr auch an, sie klingt einfach fantastisch und zwar egal, auf welcher Anlage. Das wichtigste aber: Random Access Memories hat magische Kräfte: Sie macht nämlich tatsächlich glücklich und behauptet das nicht nur.
Lassen wir aber das mal mit dem Glück und widmen uns Platz 7: Die Sportfreunde Stiller mit „New York, Rio, Rosenheim“. Ich muss mein Urteil über diese Platte revidieren: Ja, die Nöligkeit und dieser völlig ungefährliche Indie-Pop-Rock lassen sie und mich wohl niemals mehr zu Freunden werden, auch nicht zu Sportfreunden. Aber wer so locker und wortgewandt über das Leben singt wie sie, der hat zumindest ein Fleißbienchen verdient.
Und damit zu Platz 6, dahin, wo es richtig weh tut, zu den Amigos und ihrem „Im Herzen jung“. Mit Schlagerfans über Qualität von Musik diskutieren zu wollen, ist absolut sinnlos. Trotzdem: das hier ist in jeder Hinsicht unterste Schublade: Die Amigos klingen wie zwei Hobbymusiker, die im Keller Texte einsingen, die sie zuvor im Volkhochschulkurs für kreatives Schreiben hingehunzt haben. Zum Heulen!
Auf Platz 5 dagegen zeigt Xavier Naidoo, wie man Gefühlsduseligkeit richtig inszeniert. Seine Platte heißt „Bei meiner Seele“ und ich nehme dem ehemaligen Türsteher aus Mannheim jedes seiner Worte ab. Auch wenn der Verstand sagt: So viel Gefühl kann ein Mensch allein ja gar nicht haben!
Platz 4: „Mit den Gezeiten“ von Santiano.
Seit Wochen verkünde ich: Diese zusammengemanschte Fischstäbchen-Folklore von Santiano ist nichts wert. Jetzt gebe ich auf und sage: Lasst mich der Käptn Iglo auf diesem musikalischen Resteverwertungskutter namens Santiano sein.
Platz 3: Amon Amarth mit „Deceiver of the Gods“
Als absoluter Nichtauskenner in Sachen Metal muss ich mich hier ganz und gar aufs Persönliche zurückziehen: Die schwedische Death-Metal Band Amon Amarth knüppelt mächtig rein, grölt angsteinflößend, lässt die Gitarren rasen und dabei auch mein Herz. Vermutlich eher was für Fans.
Gegen Amon Amarth klingen Black Sabbath regelrecht harmlos! Dabei hat Sänger Ozzy Osbourne wegen des neuen Albums „13“, das diese Woche auf Platz zwei der Charts landet, wieder mit dem Saufen angefangen. Eine Säuferplatte ist „13“ deswegen aber noch lange nicht, eher ein gekonnter, überraschender Besuch aus längst vergessen geglaubten Zeiten.
Auf Platz 1: „D.N.A. vom Saarbrücker Hip-Hop-Duo Genetikk. Deutscher Rap, eine der Konstanten in den Album-Charts. Von Null auf Eins rücken Genetikk vor und es gilt Folgendes festzuhalten: Lässig sind die beiden Maskenträger, locker fließen ihre Reime. Keine Ghetto-Gangster, keine Sexisten, aber auch nicht die Bravsten unter der Sonne. Rap zum Mit- und Abnicken.