Pack den Donk in die Box!

Flower
Techno – gibt’s das eigentlich noch? Was für eine Otto-Frage, denkt sich der Technoarm. Müsste doch jeder wissen, dass es ihn noch gibt. Auch wenn er manchmal anders heißt: Electro, House, Dance. Minimal, Trance. Und das sind nur die groben Genrebezeichnungen. Der Musikwissenschaftler nennt es „Aufsplitterung in immer kleinere Mikrogenres.“ Man könnte auch sagen: die Club-Musikszene wird immer unübersichtlicher. Ein Beispiel: Donk.. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff, der mir neulich das erste Mal über den Weg lief?. Ein neues Genre? Eine Ulk-Geschichte? Schnee von gestern? Eins steht fest: nicht alle Wege führen zum Donk.
D.O.N.K. Donk. Vier Buchstaben, auf den ersten Blick so rätselhaft wie nichtssagend. Aber warte mal .... wie hieß doch gleich der etwas tumbe Freund von Crocodile Dundee? Genau: Donk. Aber dieses filmische Verbrechen ist ja nun schon 25 Jahre her, das kann doch mit Donk, dem musikalischen Heilsversprechen, nicht gemeint sein. Also weiter recherchiert: Donk – Englisch, Slang-Abkürzung für „Badonka Donk“! Prachtarsch! Klingt auch nicht gerade nach neuer Musik. Hmm. Ob Dr. Motte, der Erfinder der größten Dance-Party der Welt schon mal von Donk gehört hat? „Wovon? Donk? Also wir hatten schon Plonk, aus England, ein sehr statischer, eigener Klang, hat was vom 8-BitSound, kennt man vielleicht vom Pingpong aber von Donk?“
Dr. Motte, Vater der Love Parade, ratlos. Vielleicht schon zu lange weg vom Schuss. Der Mann feiert schließlich demnächst den 51. Geburtstag. Jordan, der Plattenverkäufer aus der Eberswalder Straße, ehemals „Club Sound Records“, sollte sich auskennen, zu ihm kommen Menschen, um sich mit aktueller Dance-Music einzudecken: „Donk – höre ich heute zum ersten Mal. Donk Donk, Donk, Donk. Fällt mir jetzt spontan nur was von Nintendo ein.“
Donkey Kong? Wohl kaum! Also doch dorthin, wo es weh tut. Wo die jungen Menschen wilde Abenteuer erleben, wo das wirkliche Leben stattfindet: Ab ins Internet. Endlich. Hier ist er , der Donk! Bouncige Techno-Rhythmen, mit etwa 150 Beats pro Minute. Billig produziert, aber verfänglich, fast schon mit Ohrwurmcharakter, und mit MCs, die ihre Raps mit woller Energie ins Mikrophon spucken. Die Wurzeln liegen im Happy Hardcore, einer ziemlich schnellen, ziemlich kitschigen Abart des Techno. An vorderster Donk-Front: Die Blackout Crew aus Bolton bei Manchester. Ihr bekanntester Titel: Put a Donk on it!
Auch wenn die Londoner mit ihrem anspruchsvollen Musikgeschmack etwas abfällig auf die Musik aus dem Norden schauen: Entstanden ist der kleine Hype um Donk in England. Typisch, findet Mr Love Parade, nachdem man ihm das Donk-Geheimnis eröffnet hat: „Also die erfinden sich ja sowieso ständig neu. mit Speed Garage war das ein Anfang, die haben ja auch Dubstep erfunden und was nicht alles mögliche. Die sind eigentlich die großen Vorreiter, um einen neuen Sound zu beschreiben und zu sagen: Das ist das neue Ding.“
Tue Billiges und rede darüber, als wäre es die größte Erfindung seit Erfindung des Synthesizers! So funktioniert das Business. Dabei ist es letztendlich alter Sound in neuen Samplern. An denen sitzt bei der Blackout Crew Tony, der Produzent. Auch seine Spur findet sich im Internet, wie seine musikalischen Mitstreiter ist er ein typisch englischer Lad, mehr Hooligan als Beatle. Seine Donkologie nicht gerade eine Wissenschaft: „Most of them are sampled sounds, it’s heavily layered, cause there’s no bass, acutally it’s just a click, so you have to underlay a bass and pop the midrange.“ („Die Donks sind stark bearbeitete gesampelte Sounds. Eigentlich nur Clicks plus Bass plus heftig angezogene Mitten.“
Und jetzt wieder Motte, der allerdings nicht ganz richtig liegt: „Wir hatten früher mal Schranz dazu gesagt, jetzt ist es halt Donk.. Man könnte es auch Unz Unz Unz nennen.“ Und Plattenverkäufer Jordan erinnert sich: „Da kommen Leute in den Laden und sagen: „Ich hab hier im Club n Lied gehört, das ist immer so „iz, iz, iz“ und mittendrin macht es dann so brmm brmm. – weißt Du, was ich meine? Tja, da stehst Du da und sagtst: 90 Prozent der Sachen hören sich so an.
Bis nach Deutschland, bis in die Plattentasche von Dr. Motte oder den Plattenladen von Jordan hat es die Blackout Crew nicht geschafft. Es scheint sie auch nicht mehr zu geben. auf ihrer Myspace-Seite hat sie sich vor über einem Jahr zum letzten Mal eingeloggt, die Einträge auf der offiziellen Black-Out-Crew-Seite sind noch älter. Mit dem Donk vorbei ist es deshalb aber noch nicht – er ist nur weitergewandert. Jetzt findet er sich auf dem Smart-Phone. Als App.