Da hat wohl wieder jemand die Spendierhosen an

Flower
So, da wären wir also mal wieder bei einem dieser Blogeinträge, die ohne feste Richtung anfangen, in der Hoffnung, dass mir die eigentliche Botschaft, die ich verbreiten möchte, noch klar wird. Schuld ist Jeans Team aus Berlin, die man infantil-doof oder genial-verspielt oder irgendwas dazwischen finden darf. Ich finde sie sehr, sehr, sehr gut und ich habe das Gefühl (jetzt werden sie sich hoffentlich erst einmal ins Knie schießen, denn so etwas möchten Künstler normalerweise nicht hören), so ziemlich mit Franz Schütte und Reimo Herfort auf einer Wellenlänge zu sein. „Keine Melodien“, ihren größten und bald auch schon wieder eine Generation her seienden Hit, fand ich poppig und überdreht - damals genau das richtige. Vergangenheit, seitdem geht es immer mehr in Richtung ... ja, in welche Richtung eigentlich? Simpler Electropop mit Neue-Deutsche-Welle-artigen Texten vielleicht. Je weiter sich die beiden von dem, was man als „cool“ ansehen kann, entfernen, desto besser und relevanter ist das eigentlich, auch auf ihrem neuen Album. Und da wären wir also endlich beim Thema:
„Das ist Alkomerz“ heißt die Platte, darauf findet sich das schon bekannte „Bomberjäckchen“ und zehn weitere Songs (plus eine 40 Minuten lange Testton-Geduldsprobe) mit so schönen Namen wie „Party unser“ (ja, ein Gebet für den Raver von heute), „Lolita Dröhn“, „Erotik ABC“ (nicht jugendfrei) oder auch „Gesundbrunnencenter“ - die ultimative und schonungslose Gebrauchsanweisung, wie gesichtslose und furchtbar dröge Einkaufscenter rezipiert werden sollten (schönes Wort, rezipiert, oder?). Gesungen übrigens auf die Melodie von „Eviva Espana“.
Kleiner Einschub: Das „Gesundbrunnen Center“ (so schreiben das die Betreiber dieses Shopping-Silos selbst) ist gleich bei mir um die Ecke, ich bin da auch manchmal und kaufe mir dann meistens nichts. Dafür schaue ich mir die Menschen an, Einzugsgebiet ist der Wedding, ein Berliner Stadtteil, der wohl noch ein bisschen braucht. GBC (Englisch gesprochen: „Dschi Bi Ssssi“) heißt das Ding bei mir und meinen Kumpels, der größte Laden darin ist „real“ (ja, auch Englisch ausgesprochen :-)
Und noch einmal: Ja, man kann die Texte vom Jeans Team („Letztens traf sie sich mit Dieter ... dieses Leben würde sie gerne stornieren ... Sie sitzt an der Kasse bei Real - GESUNDBRUNNENCENTER - aber sie hat keine Wahl - GESUNDBRUNNENCENTER ...“) albern finden. Aber es ist so unglaublich entspannend, diesen simplen Melodien, diesen einfachen Worten, diesen Geschichten zuzuhören und das Gefühl zu haben: Jeans Team hat Spaß, ich hab Spaß, was soll daran falsch sein? Außerdem: Jeans Team meinen es ehrlich mit sich und auch mit mir als Hörer. Hier wird nicht gelogen und betrogen, wird uns nichts vorgemacht. Alles, was es dafür braucht: Die Bereitschaft, sich drauf einzulassen. Wer sich fragt: Ist das jetzt cool oder uncool, der hat schon verloren.
Und damit hätten wir sie ja dann doch noch gefunden, die Botschaft, die ich hier gerne verbreiten möchte: Nur, weil etwas simpel klingt, muss es noch lange nicht simpel sein und auch nicht nur von Simpeln verstanden werden.

P.S.: „Da hat wohl wieder jemand die Spendierhosen an“ lautet eine der Textzeilen auf diesem Album - und zwar aus dem Song (?) „Ey“.