Wenn der Lauti auf Techno steht

Flower
„Auf dem Fahrrad zur Arbeit – und einen Benz in der Tiefgarage. Ein Twitter-Account - aber Angst vor Spionage“ – die aus Rostock stammende, mittlerweile in Berlin wohnende Band „Supershirt“ hat Schwierigkeiten mit deutschen Befindlichkeiten. Auch auf ihrem neuen Album „Kunstwerk“: Dröhnende Beats treffen auf plakative Parolen – wie zum Beispiel: „Verlass die Stadt.
Kunstwerk - ein ziemlich großspuriger Titel, der einem beim Beurteilen dieser Platte nicht weiterhilft. Es geht ja auch um etwas ganz anderes: Um eine Art neuer deutscher elektronischer Musik, wie sie das Plattenlabel Audiolith, bei dem Supershirt veröffentlichen, seit Jahren pflegt: Heftige Beats, sägende Synthesizier-Sounds, dazu auf deutsch gesungene Texte, die zwar nicht an deutscher Spießigkeit und den politischen Gegebenheiten verzweifeln, sich aber kräftig daran reiben. Bratze, Egotronic, Frittenbude heißen die Labelkollegen von Supershirt, deren Songs berichten vom „Raven gegen Deutschland“, heißen „Unser Spaß sieht anders aus“ oder einfach nur „Kotzen“ – bei der ein oder anderen Demonstration haben solche Lieder die alten Punksongs, die alten Ton-Steine-Scherben-Stücke verdrängt. So langsam allerdings wird deutlich: Musikalisch scheint sich diese Art von deutschem Electro-Punk genauso in die Sackgasse manövriert zu haben wie ihre beiden nächsten musikalischen Verwanden, der Punk selbst und die Neue Deutsche Welle: Zu formelhaft, zu wenig abwechslungsreich, auch von den Texten her zu wenig überraschend. Supershirt versuchen es aber immerhin: Ihr Rhythmus-Gerüst hat schon fast Euro-Dance-Format, ihre Melodien entdecken den Pop. Und textlich zeigt man sich gemäßigt, sogar teilweise richtig euphorisch-positiv – und voller Handlungsanweisungen! Nach „Verlass die Stadt“ heißt es später noch „Koppel Dich ab!“