Eine Herkulesaufgabe, eine Liebesangelegenheit

Flower
Fast drei Jahre ist es her, da tauchten Hercules & Love Affair auf einmal auf der internationalen Bühne auf und gelangten mit ihrer von Disco infizierten Tanzmusik auf der halben Welt in die Hitparaden und in die Jahresbestenlisten der Kritiker. Jetzt sind sie wieder da, runderneuert, mit vielen neuen Gastsängern und einem neuen Album: Blue Songs. Blue Songs, damit meinen wir Muttersprachler melancholische, traurige, sentimentale Lieder. Aber Hercules & Love Affair nicht. Nicht nur jedenfalls.
Der Begriff „Bunte Truppe“ gehört eigentlich zum verbotenen Vokabular, wenn man ernsthaft über Musik sprechen will (sonst natürlich auch, aber mir will jetzt auf die schnelle kein schönerer Satzanfang einfallen). Aber auf „Hercules And Love Affair“, das Projekt des New Yorker DJs Andrew Butler, passt er nun mal einfach: Er selbst fing als 15-Jähriger an, in einer Leder-Bar in Denver aufzulegen. Andere Mitglieder seines Projekts umfassen eine Opernsängerin aus Venezuela, die einmal ein Junge war, einen schwulen Tänzer und ein ehemaliges Mitglied einer anarchisch-veganen Hip-Hop-Gruppe.
Der Schwerpunkt der Band hat sich auf diesem zweiten Albums ein wenig verschoben, aber nicht so sehr, wie Mastermind Andrew Butler das in seinen Interviews darstellt: Ja, es gibt ein wenig mehr Referenzen an die House-Music alten Schlags, der Beat fällt ein wenig stärker aus, aber noch immer liegt ein starker Hauch von Disco über den meisten Stücken. Aber für eine Band, die so stark in den Hype-Sog geraten ist wie Hercules And Love Affair vor drei Jahren wäre Stillstand ein echter Karrierekiller – die PR-Maschine muss in eine andere Richtung gelenkt werden!
Vom rein musikalischen Standpunkt wären die Verdrehungen aber nicht nötig: Die neuen Songs sind genauso überzeugend wie die alten – Hybridartig, teils Lieder, teils tanzflächentaugliche Tracks, eingängig, melodisch, oszillierend zwischen cool distanziert und mitreißend euphorisch. Das ist, nach wie vor, die große Stärke von Hercules And Love Affair – und es rechtfertigt auch, warum die Band ein ganzes Album herausbringt und nicht, wie so oft in der Dance-Music üblich, vor allem auf Einzelveröffentlichungen und EPs setzt. Auf Blue Songs finden sich 11 Stücke, unter anderem mit einem echt guten Gastauftritt vom Ex-Bloc-Party-Sänger Kele Okereke.