Party am Abgrund, Drogen und Techno

Flower
Bettina Uzler hat ein Buch geschrieben: „Party am Abgrund“. Den Titel hat sich bestimmt der Verlag ausgedacht. Er trifft es nämlich nicht so richtig. Bettina Uzler schildert, wie sie ein paar Jahre ihres Lebens verbracht hat, mit Drogen und mit Techno. Und einigen Abenteuern! Ist schon eine ganze Weile her, muss irgendwann um 2000 passiert sein. Sie hat in besetzten Häusern in Berlin gelebt, kann oder konnte offenbar nicht besonders gut mit den Eltern, vor allem aber zog sie in Italien, Spanien und Tschechien mit der Freetekno-Bewegung von Teknival zu Teknival. Und diese Szene, nicht unbedingt die Drogenexzesse, sind das spannende an diesem Buch. Obwohl natürlich beides zusammenhängt.
Für mich waren Freetekno-Bewegung und Goa-Szene immer mehr oder weniger das gleiche, aber da habe ich als Außenstehender wohl ein paar Dinge miteinander vermischt. Beim Freetekno geht es musikalisch sehr viel härter zu. Und die Leute, die das leben, ziehen als Mischung aus Punk und Hippie und Raver mit ihren Soundsystems durch die Lande, veranstalten Festivals, die Tage oder auch Wochen dauern. Geld, so jedenfalls liest sich das im Buch von Bettina Uzler, kommt oder kam hauptsächlich durch den Verkauf von Drogen rein. Krasse Keta-Orgien, Opium-Klau, Crack-Rauchen, Kokain-Schmuggel, alles wird hier beschrieben. Finde ich als ... nicht besonders wild auf Drogen lebender Mensch eher langweilig. Was ich aber spannend finde, ist das ganze Drumherum: Sein Leben selbstbestimmt leben, Autoritäten nicht anerkennen, Musik in den Mittelpunkt stellen, sich seinen eigenen „Stamm“ suchen, durch die Länder ziehen, Party machen. Auf lange Sicht, auch wegen der vielen Drogen, funktioniert es dann zwar nicht mit dem solidarischen Miteinander, aber wo funktioniert das schon?
Ein paar Sätze noch zum Buch selbst: Es ist nicht so richtig gut geschrieben, ein bisschen oberflächlich, ein bisschen klischeehaft, ein bisschen laienhaft (zum Beispiel nennt Bettina Uzler ihre Technics-Plattenspieler fälschlicherweise „Technik“-Plattenspieler). Mir kommt es auch so vor, als hätte sie ihre Geschichten zum Teil dramatischer geschildert, als sie sich wirklich abgespielt haben. Und das esoterische Happy End ist auch blöde. Aber immerhin: Sie hat sehr viel mehr zu erzählen als so viele der Nachwuchsautoren, die ihre immer gleichen lauwarmen Beziehungskisten und Erwachsenwerden-Krisen in immer gleiche Bücher gießen. Freetekno? Find ich gut. Aber gibt’s das noch?