SXSW in Austin, Tag Vier und Ende.

So. Das war’s jetzt. Die SXSW 2011 ist vorbei. Und damit haben wir ein Vierteljahrhundert Music Festival in Austin, Texas hinter uns. „Wir“ ist gut, natürlich. Denn ich war ja erst zum zweiten Mal dabei. Am letzten Tag standen noch einmal eine ganze Reihe Diskussionen auf dem Programm. Über Schallplatten. Über TSOP (The Sound of Philadelphia). Über Blind Willie Johnson. Über die Zukunft der DJ-Technik. Und dann natürlich noch mal Konzerte.
Machen wir’s kurz und kompakt - erste Gesprächsrunde hieß „Vinyl Records 3.0 – Challenges and Rewards. Es ging um die Zukunft der Schallplatte. Und wer jetzt lacht und fragt: „Welche Zukunft?“, der kennt sich nicht so aus. Die letzten drei Jahre waren großartig für alle, die mit der Produktion von Platten zu tun hatten. Es gibt nämlich Aufträge ohne Ende. Nachpressungen und Neubestellungen. 2010 war, was Plattenverkäufe angeht, das beste seit Anfang der 90er. Und warum? Die Platte wurde einst von der CD abgelöst. Der Sound wurde dadurch nicht besser (lediglich das Knistern fiel weg, außerdem können extremere Sounds, die die Nadel aus der Rille hauen, wiedergegeben werden), aber der Umgang mit CDs und die Aufbewahrung war einfacher. Jetzt aber wiederum ist der Umgang mit Dateien einfacher als der Umgang mit CDs, deshalb wird die CD immer mehr zum Auslaufmodell. Schallplatten aber sind schön anzufassen, anzusehen. Und in Verbindung mit Quality-Downloads vielleicht auf einmal doch wieder die Zukunft. Und noch was gelernt: Der Mastering-Prozess, das Pressen der Platten ist eine echte Kunst, die praktisch von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Zweite Gesprächsrunde: Videoschaltung nach Philadelphia, dort saßen Kenneth Gamble und Leon Huff, die nicht nur den „Sound of Philadelphia“ als den Philly-Sound erfunden haben, sondern auch etliche Hits landen konnten. Zwei schon ziemlich alte, wegen ihrer Mützen bzw. Kappen leicht kauzig wirkende Soul-Legenden, die allerdings früher einmal echt coole Säue waren – man muss sie sich als eine Mischung aus Shaft und Run DMC vorstellen. Schöne Geschichte, die sie über ihren Hit „Me And Mrs. Jones“ erzählten, den sie für Billy Paul geschrieben haben: Sie gingen damals jeden Tag in eine Bar, die unten in dem Haus lag, in dem die Büros von Philadelphia International Records lagen. Und jeden Tag, den sie da waren, kam ein älterer Mann mit einer jungen Frau in die Bar. Er sah aus wie ein Richter, aber was er genau mit der jungen Frau vorhatte oder gemacht hatte, blieb unklar. Also malten sie es sich im Song aus. Hmm, vielleicht doch keine so spannende Geschichte. Aber der Song ist gut.

Dritte Gesprächsrunde: „Searching for Blind Willie Johnson“. Das war nun wirklich interessant. Eine Reihe von Blues-Experten und Musikjournalisten berichteten, warum der 1897 geborene und 1945 gestorbene blinde Blues- und Gospelsänger Willie Johnson einer der einflussreichsten Musiker der amerikanischen Geschichte wurde. Und warum man bis heute nicht viel über ihn weiß. Blind Willie Johnson konnte Slide Guitar spielen wie kein zweiter. Und er sang mit zwei verschiedenen Stimmen – die eine klang wie ein Bass, der versucht, Sopran zu singen. Seine Art, die Slide zu spielen, war nicht so sehr auf Riffs ausgerichtet, sondern auf Melodien. Und wenn man es sich genau ansieht, dann hat er Rock’n’Roll-Sounds gespielt, Jahrzehnte bevor auch nur irgendjemand an Rock’n’Roll denken konnte. Woher hatte er das, woher konnte er es? Tja ... Und noch was: Die Slide Guitar, ihr Sound, kann nicht künstlich erzeugt werden. Keine Logic-Loops, keine Ableton-Clips, keine Midi-Dateien mit Slide-Effekt.

Und damit wären wir auch schon bei der vierten und letzten Gesprächsrunde des Tages: „DJ Technologies: Going Beyond Two Turntables & A Microphone“. Mit dabei: vier amerikanische DJs, die berichteten, wie sie sich die Zukunft des Auflegens vorstellen und mit welchen Gerätschaften sie im Augenblick so hantieren. DJ Shiftee, Michael Wong, Adam King, 2nd Nature. Alle gut im Geschäft, zum Teil mit Native Instruments verbandelt und dementsprechend technikbegeistert. Jetzt wirklich ganz kurz: Plattenspieler spielen für die vier keine Rolle mehr, auch wenn sie alle jahrelang damit aufgelegt haben. Sie behaupten: Die neuen Gerätschaften machen mehr Spaß, lassen einen mehr machen, ohne sie wären sie alle nicht dort, wo sie jetzt sind. Aber DJ-Programme, Controller, Effekt-Geräte würden Möchtegern-DJs erst möglich machen. Und auch wenn ich das nicht so richtig verstanden habe: DJ kombiniert mit Video-DJ, das ist das ganz große Ding. Aber da ging es auch um solche Dinge wie Auflegen in Las Vegas. Was will man da anderes erwarten?

Viel Gerede gehört. Und dann noch Bands. Von denen ich allerdings nicht mal weiß, wie sie heißen. Es war schließlich Samstagabend. Und manchmal reicht es auch, wenn man mitbekommt: Da spielt eine Band, die sich anhört wie Black Flag. Und noch eine. Und noch eine. Punk! Ende. Aus.