Skweee, jetzt auch hieeer

Flower
In keinem Genre wird so viel Musik veröffentlicht wie innerhalb der elektronischen Musik. Das liegt daran, dass die Songs mit Hilfe eines Computers so einfach und schnell gemacht werden können und sich trotzdem professionell anhören, aber es liegt auch daran, dass dort immer wieder neue Mini-Genres auftauchen und Wellen schlagen, die Szenen auf der ganzen Welt vernetzt sind, sich vieles im Fluss befindet. Eines dieser Mini-Genres ist „Skweee“ – eine Musikrichtung, die sich vor fünf, sechs Jahren in Schweden herausgeschält hat und jetzt so langsam auch über die Insiderkreise hinaus bekannt wird. Bei uns ist gerade der bisher nur als Import erhältliche Sampler „Skweee Tooth“ veröffentlicht worden – schöner Anlass, sich das ganze mal anzusehen.
Skweee, Ein Wort, das vom englischen „squeeze“ kommt. Auspressen. Die Musiker pressen ihre Synthesizer aus, holen das letzte daraus raus. Ein Logo verdeutlicht das: Eine ausgedrückte Zahnpastatube, auf der ein Synthie aufgemalt ist – die Paste bildet das Wort Skweee. Dahinter steckt eine gewollte einfache Soundästhetik, wie man sie von alten Computerspielen kennt, eine 8-Bit-Soundästhetik.



Ein paar Schweden in Stockholm haben Skweee erfunden, die von der gängigen elektronischen Tanzmusik gelangweilt waren. Wollten jamaikanische Dancehall-Sounds und Funk und Electro miteinander verschmelzen. Billige Synthesizer, stolpernde Beats – ein bisschen so, als habe man gerade ein Keyboard geschenkt bekommen und probiere das jetzt aus. Natürlich können die Musiker spielen, aber es gibt keine großartige Nachbearbeitung am Computer.
Das ist die Philosophie. Skweee will nicht verkopft und auch nicht perfekt poliert sein, sondern simpel und so roh wie möglich. Man nimmt in Kauf, sich ein bisschen lächerlich zu machen, deshalb rumpelt und fiepst es auch. Es gibt einen Dokumentarfilm über die Skweee-Szene, die sich von Schweden erst nach Finnland und dann in den Rest der Welt ausgebreitet hat. Darin sagt einer der Protagonisten, die Beats würden sich so anhören wie man in Schweden ausgelassen im Club tanze: Betrunken und stolpernd.
Auch wenn es jetzt schon sechs Jahre her ist, dass es mit Skweee anfing, das hört sich nach kurzem Trend an, der erst einmal Spaß macht, aber wo man als Produzent relativ schnell in eine Sackgasse gerät und das dann nicht mehr weiterentwickeln kann. Trotzdem: So einfach sich der Ansatz anhört: Das ist Musik, die auf der Tanzfläche funktioniert, selbst wenn man das erst einmal nicht für möglich hält. Und es ist Musik, die zwar elektronisch hergestellt wird, aber bei der man nie denkt, es wäre kalte, sterile Maschinenmusik – wenn die Musiker dort an ihren Keyboards drücken und drehen, dann geraten sie ins Schwitzen und zwingen den Geräten ihre Seele auf – auch eine Art von Soul
Es wird hauptsächlich instrumental gespielt und bislang nur gelegentlich gesungen – aber ich denke, das wird sich noch ändern, das bietet am meisten Entwicklungsspielraum. Einer der wenigen, der viel mit Stimme arbeitet, ist der kanadische Sound-Tüftler Slow Hand Motem, der eigentlich Gregg Eberhard heißt – das war einer der ersten, der Skweee nach Nordamerika gebracht hat.