Voll auf die Zwölf!

Flower
Muss sich eine Kurzgeschichte eigentlich immer so lesen, als stammte sie von Ernest Hemingway? Oder zumindest einem seiner vielen Nachahmer? Muss sie natürlich nicht und auch wenn ich nicht weiß, ob das niemand besser weiß als Anton Waldt: Er weiß es auf jeden Fall! Anton Waldt ist Chefredakteur der De:Bug, dem Magazin für elektronische Lebensaspekte (oder, wenn man so will, der Techno-Neon. Und da die Neon ja bekanntlich die Studenten-Bravo ist, ist die De:Bug die Techno-Studenten-Bravo).
Außerdem ist Anton Waldt Autor des gerade erschienen „Auf die Zwölf“: 39 heftige Kurzgeschichten rund um den „Raver Tom“, die ursprünglich zum Teil im Partysan Berlin erschienen sind, zum Teil auf dem Monatsflyer des Berghains. Absurde Geschichten mit Titeln wie „Geile Flitzer-Sau“, „Lesbenjagd“ oder „Der Mitteficker“. Daran kann man schon erkennen: Tom, der Raver, geht ziemlich zur Sache. Sein Autor Anton Waldt aber auch. Wilde Sexphantasien (zumindest hofft man das bei einem Großteil der Geschichten, dass es sich dabei wirklich nur um Geschichten handelt), die in ihrer Drogenverpeiltheit an Hunter S. Thompsons Roman „Fear and Loathing in Las Vegas“ erinnern. Ob Mann („Techno-Arsch-Versohlung“) oder Frau („Süßmaus in Schuluniform“), - Tom knallt alles, was ihm vor die „Flinte“ kommt. Er schluckt und raucht alles, was auch nur ansatzweise einen Rausch verspricht („Man ist eben noch längst nicht übel assig, wenn man Hustensaft trinkt, weil der Schnaps aus ist. Man ist übel assig, wenn man den Hustensaft spritzt, weil das Terpentin aus ist.“) Und er kommt dabei zu genialen Erkenntnissen („Lieber lachen als kotzen!“) Tom ist also irgendwie widerlich. Und genau das ist das schöne an diesen Geschichten. Denn widerlich sind wir schließlich alle, mal mehr, mal weniger. Oder vielleicht ist widerlich das falsche Wort: Menschlich sind wir schließlich alle. Und da gehören Exzesse und Phantasien und Begierden dazu. Manchmal wollen sie ausgelebt werden. Und wer sich selbst nicht traut, der überlässt das Tom, dem Raver!
Und hier noch die Kurzkritik für alle, die es eilig haben: Ficken, bumsen, blasen, alles auf dem Rasen. Und an so ziemlich jedem anderen Ort, den man sich so vorstellen kann.

Anton Waldt: „Auf die Zwölf“. Verbrecher Verlag. 128 Seiten. 13 €.