"B" wie Loveparade

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Komme gerade von einer Pressekonferenz. „B-parade“! Bin immer noch ein wenig irritiert: Die „B-parade“ will nicht Loveparade sein, plant aber für den Juli 2012 einen großen Umzug rund um die Siegessäule. Also genau dort, wo die Loveparade zwischen 1996 und 2003 und im Jahr 2006 lang zog. B-parade ... Berlin Dance Parade. Seltsame Leute, die dahinter stehen. Seltsam unkonkretes musikalisches Konzept...
Die langweiligste Reaktion auf die geplante „B-parade“ und die gerade beendete Pressekonferenz wäre, jetzt alles nachzubeten, was dort verkündet wurde. Nur so viel: Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit war das bestimmende Thema, na klar. Denn erstens erlaubt die Stadt einem keine Veranstaltung mehr, bei der Ähnliches wie in Duisburg droht. Zweitens findet es der ein oder andere vielleicht pietätlos, zwei Jahre nach Duisburg eine Technogroßveranstaltung ähnlich der Loveparade abzuhalten - und denen muss man dann möglichst wenig Angriffsfläche bieten. Und drittens kommt ja auch keiner, wenn er Schlimmes befürchten muss. Sicherheit also, so, wie man es von anderen Großevents rund ums Brandenburger Tor und die Siegessäule kennt: Weiträumig eingezäunt, keine Flaschen, Fluchtflächen, Transparenz. Hauptverantwortlich: Der Sicherheitsingenieur Jens Groskopf, der allerdings, das muss er auf Nachfrage einräumen, solche eine Großveranstaltung bisher noch nicht betreut und geplant hat.
De „B-parade“ will angeblich keine öffentlichen Gelder, trägt alle Kosten selbst, sorgt für die Müllbeseitigung. Kommerziell will man aber auch nicht sein, zumindest erst einmal nicht - eine Geldgeberin namens Dajana Graf springt notfalls mit bis zu zwei Millionen Euro in die Bresche. Warum sie das macht, wurde nicht ganz klar, sie übernimmt aber wohl auch die Verpflegung auf der B-parade (ja, ja, keine Chance für Schwarzhändler, jedenfalls nicht innerhalb des Zauns) und hat als Bauunternehmerin und Gastronomin offenbar ein paar Euro über.
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Der Rest der „B-parade“-Macher hat mit Techno offenbar auch nichts am Hut, aber um Techno allein soll es ja auch nicht gehen. Sondern einmal mehr um „die gesamte Bandbreite der elektronischen Musik“ und die Förderung der Clubkultur (mit dem Spruch versucht „Sunshine Live“ seit Jahren vergeblich, eine Berliner UKW-Radiofrequenz zu ergattern): House, Electro, NuRave, Goa, Trance, Minimal, Breakbeat, Drum’n’Bass und viele andere Richtungen der elektronischen Musik soll laufen, heißt es nicht sehr überzeugend, so, als hätten wir nicht 2012, sondern, nun ja, 1997.
Ich sage jetzt mal, was ich davon halte: Nichts. Künstlerisch-kreativ-innovativ hat die „B-parade“ nichts zu bieten. Wie auch, wenn da vor allem Anwälte, Versicherungsheinis und Sicherheitsingenieure involviert sind? Es geht meiner Ansicht nach vor allem darum, überhaupt die Genehmigung für eine Parade auf der Straße des 17. Juni zu bekommen. Dafür sagt man erst einmal all die richtigen Dinge (ist sicher, genügt dem Jugendschutz, kostet nichts, lockt eine halbe Million Menschen an, Drogen bleiben außen vor, man will der Stadt etwas zurückgeben). Aber natürlich geht es um eine Geschäftsidee, mit der - warum auch nicht? - auf direktem oder indirektem Wege Geld verdient werden soll. Dass das Ganze aber die kreative Kraft einer leeren Taschenlampenbatterie hat, ist auch nicht zu übersehen.
Also: 21. Juli 2012 B-parade. Außer die B-parade bekommt schon wieder keine Genehmigung. Sie versucht es nämlich seit Jahren. Das ganze Dilemma der letzten Jahre findet sich hier.