Alles wahr, oder, liebe Junior Boys?

Flower
Wenn man im Gespräch von seinem Gegenüber ein „ganz ehrlich“ hört, dann sollte man aufpassen. Es könnte nämlich gut sein, dass er genau damit eine Lüge vorbereitet. Oder zwei. Oder gleich eine ganze Handvoll. Lügenboldhausen! „It’s all true“ hat das kanadische Electropop-Duo Junior Boys sein neues Album genannt. Alles ist wahr. Wirklich?
„It’s all true“ ist ihr viertes Album und um das mit dem Titel aufzulösen: Es ist eine Hommage an den Schauspieler und Filmemacher Orson Welles. Einer von dessen Filmen hätte so heißen sollen, doch wurde aus dem Projekt nichts, weil nicht genug Geld da war. Kunst und Ästhetik, das sind entscheidende Begriffe, wenn man sich den Platten der Junior Boys nähert: Schon auf ihrer ersten vor acht Jahren gelang den beiden Kanadiern das Kunststück, extrem verschachtelte Rhythmen im Stil damals aktueller R’n’B-Produktionen zu basteln, das ganze mit warmen Synthesizerklängen zu verbinden und alles zusammen danach klingen zu lassen, als träfen die 80er auf die Zukunft. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert – und doch ist einiges anders: Jeremy Greenspan, der eigentliche Gründer der Junior Boys, singt besser als je zuvor, außerdem scheint er weiter an seinem Songwriting gearbeitet zu haben . Und vom gerade gehörten „Itchy Fingers“, einer Fingerübung, die zeigt, wie viel unterschiedliche Dinge man in einen Song hineinpressen kann, einmal abgesehen, geht es entspannter und reduzierter als zuvor zu. Das ist perfekt produzierter, sehr schlauer Electropop, der sich nach aufwändiger Studioproduktion anhört, aber trotzdem eine sehr intime Note aufweist. Kopfhörermusik – und das ist überhaupt nicht abfällig gemeint.