Love Parade zehn Monate danach

Flower
Es ist schon eine halbe Ewigkeit her, dass ich den „Spiegel“ mal komplett gelesen habe, irgendwann ließ mich dieses Nachrichtenmagazin mit seinen Skandalen und Aufregern und seinem besserwisserischen Tonfall nur noch ausgelaugt und deprimiert zurück. Und wer tut sich das schon freiwillig an? Insofern eine kleine Überraschung heute, am Sonntag, dem 15. Mai: Ich kaufe mir einen Spiegel. Der Grund: Die Titelgeschichte. Reißerisch überschrieben mit „Geheimakte Love Parade“. Dahinter verbirgt sich die sehr spannend erzählte und, so weit ich das feststellen kann, akribisch zusammengetragene Story rund um die Love-Parade-Katastrophe vom 24. Juli 2010.
Ich war, zum Glück, nicht auf der Love Parade 2010 in Duisburg. Stand nicht mit Zehntausenden in einem viel zu engen Tunnel. Kenne keinen der 21 Menschen, die in und von den Massen zu Tode gequetscht wurden. Ich kenne keinen der Beteiligten, weder die von der Stadtverwaltung noch von der Polizei noch die von den Love-Parade-Organisatoren. Nur die Fitness-Studios von Ober-Veranstalter Rainer Schaller habe ich mal von innen gesehen. Und weiß seitdem, dass er mit möglichst wenig Aufwand, auf möglichst einfache Weise möglichst viel Geld verdienen möchte. Soll er. Aber, siehe Love Parade, immer geht das nicht gut.

Wer sich für das Thema interessiert, wer wissen will, was da in Duisburg alles schief lief und warum nicht nur die Veranstalter, sondern auch die Stadt, die dieses Event unbedingt stattfinden lassen wollte, und die Polizei krass versagten, der sollte diesen Spiegel-Artikel lesen. Lässt einen sehr ernüchtert zurück. Man erinnert sich an eigene, eigentlich unwichtige Geschichten, bei denen Behörden oder Privatfirmen einem mitteilten: „Geht nicht.“ Aber hier, bei der Vorbereitung der Love Parade, ging offenbar doch alles. Vorschriften, Regeln, Gepflogenheiten – in diesem Fall offenbar dazu da, um ausgehebelt, umgangen, gebrochen zu werden. Und wenn das alles so stimmt, wie es hier aufgeschrieben wurde, dann ist die Polizei noch unfähiger, als man ohnehin schon des Öfteren vermutete, wenn man direkt mit ihr zu tun hatte. Mal sehen, wie der Schwarze Peter jetzt wieder reihum geht.