Paul van Dyk will die Lizenz zum Senden
29. 08 11 Floor: Leben
Ein paar Monate noch, dann wird Paul van Dyk, weltbekannter DJ und Produzent elektronischer Musik aus Berlin, 40. Natürlich gibt es für DJs, noch dazu für so erfolgreiche wie ihn, ein Leben danach. Aber klar ist: der in Eisenhüttenstadt als Matthias Paul geborene van Dyk sucht nach neuen Aufgaben. In letzter Zeit sah man ihn in Talkshows, bei Anne Will und Kurt Krömer und auch in einer von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit zusammengerufenen Kreativrunde tauchte er kürzlich auf. Das aktuelle Projekt von Paul van Dyk aber ist Radio. Nicht als Moderator, da ist er schon seit langem einmal die Woche bei der RBB-Jugendwelle Fritz zu hören, sondern als Macher: „Ich glaube, dass Berlin einen Sender braucht, der die verschiedene Facetten der elektronischen Musik widerspiegelt“, sagt er am Telefon. Er ist in England.
Berlin gilt als der am härtesten umkämpfte Radiomarkt Europas. Annähernd 40 private und eine Handvoll öffentlich-rechtlicher Stationen buhlen hier um die Gunst der Hörer. Am heutigen Dienstag will der Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg neu über die Frequenz 97,2 entscheiden. Tagsüber sendet dort Radio Russkij, fünf verschiedene Bewerbergruppen hoffen auf den Zuschlag für die Abend- und Nachtstrecke von 19 Uhr bis 7 Uhr früh. Auch die „Extra 3 Hörfunk GmbH“, hinter der der Mannheimer Dance-Sender Sunshine Live steckt. Und irgendwie auch Paul van Dyk, der bei Sunshine Live ebenfalls schon seit Jahren eine eigene Sendung hat. Auf seine konkrete Rolle bei der Bewerbung für Berlin angesprochen, kommt van Dyk ein wenig ins Schwimmen. Geschäftsführer? „Nein, nein, nein, so hoch auf keinen Fall“. Sunshine Live habe ihn und den Musikmanager Tim Renner letztes Jahr „ins Boot geholt“, ihre Expertise sei gefragt, man werde, wenn der neue Sender den Zuschlag denn bekomme, „mit sehr offenem Auge und auch verbal sehr aktiv, was die inhaltliche, musikalische als auch redaktionelle Seite angeht“, das Programm mitgestalten.
Innerhalb der elektronischen Musikszene, die mit dem neuen Sender vereint werden soll, ist Paul van Dyk eine umstrittene Persönlichkeit. Auf der einen Seite ist er ein Aushängeschild Berlins, internationale Musikmagazine kürten ihn schon mehrmals zum besten DJ der Welt, er ist Garant für ausverkaufte Hallen. Auf der anderen Seite spielt in den Berliner Clubs von Berghain bis Watergate die Musikrichtung, für die Paul van Dyk steht, keine Rolle. Von Kirmestechno sprach neulich die Berliner Zeitung, Trance trifft es wohl besser, auch wenn ihm selbst dieser Begriff überhaupt nicht gefällt. Trance aber ist genau das Gegenteil von dem, was der Berliner Clubgänger – und auch die Techno-Touristen aus aller Herren Länder, die Woche für Woche über die Stadt herfallen – für cool hält. Paul van Dyk allerdings hat nicht das Gefühl, dass es ein Gegeneinander gibt, die Spezialisierung sei für ihn „etwas positives“.
„Wenn man ein Programm in Berlin etablieren will und umsetzen will, dann muss man es letztendlich so machen, dass es die Qualität repräsentiert, für die Berlin steht“, sagt van Dyk. Wie das konkret aussieht, wie der Sender heißen solle, sei im Detail noch zu klären, ihm gehe es um etwas größeres: „Aus der kleinen Subkultur Anfang der 90er hat sich die größte Jugend-Musikkultur der Welt entwickelt.“ Das extrem facettenreiche dieser Kultur solle der Sender widerspiegeln: „Da muss sehr umtriebig gearbeitet werden, ansonsten braucht man es nicht zu machen.“
Mehrmals im Jahr umrundet Paul van Dyk im Zuge seiner Auftritte die ganze Welt. Hat er wirklich die Zeit hat, sich um einen solchen Sender zu kümmern? Der Verdacht liegt nahe: Paul van Dyk ist nicht nur das Aushängeschild Berlins – und Duz-Freund Wowereits – er ist auch das Aushängeschild von Sunshine Live, die seit Jahren versuchen, einen Fuß in den Berliner Radiomarkt zu bekommen. Der Medienrat der MABB dürfte bei seiner Entscheidung weder die Lust noch die Fähigkeit haben, in die Feinheiten und Verästelungen der Berliner Clubkultur einzusteigen. Trotzdem könnte es auch diesmal wieder nichts werden mit der Lizenz zum Senden für Paul van Dyk, Tim Renner und Sunshine Live. Denn mit „pure fm“ steht ein echter Konkurrent in der Bewerberriege bereit – es ist der direkte Nachfolger von blu.fm, die die letzten sieben Jahre auf der 97,2 gesendet hatten. Nicht nur als Dance-Radio, sondern als Dance-Radio für die schwul-lesbische Zielgruppe. Mit DJs, elektronischer Musik und immer wieder Liveübertragungen aus den Clubs. Von Berghain bis Watergate.
Dieser Artikel ist in etwas veränderter Form im Berliner Tagesspiegel vom 30. August 2011 erschienen. Gleich zwei Mal haben mich Mitarbeiter von Paul van Dyk gefragt, ob sie „den Artikel“ bzw. „die Zitate“ „gegenlesen könnten“. „Nein“, war die Antwort, während ich mich fragte: „Was ist das eigentlich für ein seltsamer Kontrollzwang? Erst sich selbst als Gesprächspartner anbieten, aber dann seinem Gegenüber nicht trauen?“ Aber vielleicht hat er auch schon zu viel Mist mit „uns Medien“ erlebt. Zum Beispiel meinen letzten Artikel hier im Technoarm über „Sunshine Live“.
Innerhalb der elektronischen Musikszene, die mit dem neuen Sender vereint werden soll, ist Paul van Dyk eine umstrittene Persönlichkeit. Auf der einen Seite ist er ein Aushängeschild Berlins, internationale Musikmagazine kürten ihn schon mehrmals zum besten DJ der Welt, er ist Garant für ausverkaufte Hallen. Auf der anderen Seite spielt in den Berliner Clubs von Berghain bis Watergate die Musikrichtung, für die Paul van Dyk steht, keine Rolle. Von Kirmestechno sprach neulich die Berliner Zeitung, Trance trifft es wohl besser, auch wenn ihm selbst dieser Begriff überhaupt nicht gefällt. Trance aber ist genau das Gegenteil von dem, was der Berliner Clubgänger – und auch die Techno-Touristen aus aller Herren Länder, die Woche für Woche über die Stadt herfallen – für cool hält. Paul van Dyk allerdings hat nicht das Gefühl, dass es ein Gegeneinander gibt, die Spezialisierung sei für ihn „etwas positives“.
„Wenn man ein Programm in Berlin etablieren will und umsetzen will, dann muss man es letztendlich so machen, dass es die Qualität repräsentiert, für die Berlin steht“, sagt van Dyk. Wie das konkret aussieht, wie der Sender heißen solle, sei im Detail noch zu klären, ihm gehe es um etwas größeres: „Aus der kleinen Subkultur Anfang der 90er hat sich die größte Jugend-Musikkultur der Welt entwickelt.“ Das extrem facettenreiche dieser Kultur solle der Sender widerspiegeln: „Da muss sehr umtriebig gearbeitet werden, ansonsten braucht man es nicht zu machen.“
Mehrmals im Jahr umrundet Paul van Dyk im Zuge seiner Auftritte die ganze Welt. Hat er wirklich die Zeit hat, sich um einen solchen Sender zu kümmern? Der Verdacht liegt nahe: Paul van Dyk ist nicht nur das Aushängeschild Berlins – und Duz-Freund Wowereits – er ist auch das Aushängeschild von Sunshine Live, die seit Jahren versuchen, einen Fuß in den Berliner Radiomarkt zu bekommen. Der Medienrat der MABB dürfte bei seiner Entscheidung weder die Lust noch die Fähigkeit haben, in die Feinheiten und Verästelungen der Berliner Clubkultur einzusteigen. Trotzdem könnte es auch diesmal wieder nichts werden mit der Lizenz zum Senden für Paul van Dyk, Tim Renner und Sunshine Live. Denn mit „pure fm“ steht ein echter Konkurrent in der Bewerberriege bereit – es ist der direkte Nachfolger von blu.fm, die die letzten sieben Jahre auf der 97,2 gesendet hatten. Nicht nur als Dance-Radio, sondern als Dance-Radio für die schwul-lesbische Zielgruppe. Mit DJs, elektronischer Musik und immer wieder Liveübertragungen aus den Clubs. Von Berghain bis Watergate.
Dieser Artikel ist in etwas veränderter Form im Berliner Tagesspiegel vom 30. August 2011 erschienen. Gleich zwei Mal haben mich Mitarbeiter von Paul van Dyk gefragt, ob sie „den Artikel“ bzw. „die Zitate“ „gegenlesen könnten“. „Nein“, war die Antwort, während ich mich fragte: „Was ist das eigentlich für ein seltsamer Kontrollzwang? Erst sich selbst als Gesprächspartner anbieten, aber dann seinem Gegenüber nicht trauen?“ Aber vielleicht hat er auch schon zu viel Mist mit „uns Medien“ erlebt. Zum Beispiel meinen letzten Artikel hier im Technoarm über „Sunshine Live“.