Taxi Driver - ein Film wird Buch

Was ist gelb, laut und rücksichtslos? Wer schon mal in Manhattan war, kennt die Antwort: Taxis in New York. Vor 35 Jahren setzte Regisseur Martin Scorcese ihnen ein krasses Denkmal – den Film „Taxi Driver“ mit Robert De Niro in der Hauptrolle. Jetzt hat der Taschen-Verlag, bekannt für seine opulenten Fotobände, das Buch zum Film herausgebracht – dort finden sich, neben einigen Interviews, etliche Bilder, die Set-Fotograf Steve Schapiro schießen konnte. Einen Blick ist dieses Buch (das natürlich auch Taxi Driver heißt) auf jeden Fall wert – auch wenn 500 Euro für die einfache oder 1200 für die aufwändigere Version dieses Buches ausgeben werden wollen.
„Du laberst mich an? Du laberst mich an? Kann es sein, dass du mich meinst? Ich bin der einzige, der hier ist!“
35 Jahre ist sie alt - eine der bekanntesten und eindringlichsten Szenen der Filmgeschichte: Robert De Niro als psychotischer 26-jähriger Taxifahrer Travis Bickle steht in seiner versifften Wohnung, hantiert mit Waffen und spricht mit imaginären Gegnern. Steve Schapiro, so genannter Set-Fotograf, war bei den Dreharbeiten damals dabei: „It had relevance to its time and it also has that same relevance to our time today. In the sense that Travis Bickle is a special forces marine who comes back in sort of a psychotic state. He cant sleep at night, he is taking pills and he still has a love of guns. A lot of that is true today in terms of the veterans who’ve come back from wars. In that sense the film is very relevant to present times as much as it was in 1975.“
Auf deutsch könnte man das so übersetzten: „Der Film war damals relevant und er ist es heute. Travis Bickle kehrt verstört aus dem Krieg zurück. Er kann nachts nicht schlafen, er schluckt jede Menge Pillen und er ist vernarrt in Waffen. Das kennen wir auch von den Soldaten, die jetzt aus dem Krieg zurückkehren. In dieser Hinsicht bedeutet Taxi Driver uns heute genauso etwas wie damals im Jahr 75.“
Steve Schapiro, mittlerweile 76 Jahre alt, sollte so viele Fotos wie möglich schießen, die später für Filmplakate und andere Werbezwecke eingesetzt wurden. Und jetzt also sind diese Fotos in einem Bildband erschienen.
„I feel it works like a picture story, like a magazine picture story where you got a sense of everything just from the pictures and you dont really need a text or captions to follow them along. I’m very very happy with the pictures I think a lot of them are very strong.“ Und noch mal in der Übersetzung: „Das ganze funktioniert wie die Bildergeschichte in einer Zeitschrift, man braucht keine Story und keine Bildunterschriften, um sie zu verstehen. Deshalb bin ich so zufrieden mit meinen Fotos, viele von ihnen kommen mir sehr kraftvoll vor.“
500 Euro kostet „Taxi Driver“ in der einfachen, 1200 Euro in der erweiterten, Fassung, der noch ein großer Originalabzug beiliegt. Hunderte von Fotos hat Steve Schapiro ausgesucht, farbig und in schwarz-weiß. Sie zeigen Robert De Niro mit und ohne den berühmten Irokesen-Schnitt. Martin Scorsese, wie er seine Regieanweisungen gibt. Die gerade einmal 12 Jahre alte Jody Foster als minderjährige Prostituierte und Harvey Keitel als ihren langhaarigen Zuhälter. Die bildschöne Cybill Shepherd, um die sich De Niro im Film bemüht, um dann beim ersten Date alles zu zerstören – führt er sie doch ins Kino und sucht einen Pornofilm aus. Und natürlich sehen wir auch die Fotos vom großen Showdown: De Niro will Jody Foster befreien und richtet dabei ein Blutbad an - das mit einem grandiosen Dialog zwischen De Niro und Harvey Keitel eingeleitet wird: “Irokese, verpiss Dich zu deinem Stamm und lutsch am Büffelknochen, bevor mir der Kragen platzt, ich will keinen Krieg, verstanden?“ – „Hast Du ne Kanone?“ – „Wichser! Mach, dass Du wegkommst!“ – „Lutsch mal dran!“ ... Und dann schießt De Niro alias Travis Bickle dem Zuhälter in den Bauch.
Schapiro: „In terms of the last pictures in the book they are extremely graphic and also I had the advantage of showing the real blood colour that we were using at the time and that no longer exist in any copy of the film.“ („Zum Teil sind die Bilder extrem drastisch. Man sieht darauf auch, wie das Blut eigentlich aussah – in den verbliebenen Kopien des Films ist es viel dunkler!“
Taxi Driver gilt als Meisterwerk der Filmgeschichte, die heftigen Gewaltszenen sorgten Mitte der 70er allerdings auch für hitzige Diskussionen. Um einem kompletten Jugendverbot zu entgehen, ließ Scorsese das Blut durch Bildverfremdung im Nachhinein dunkler machen. Schapiros Fotos zeigen, wie es eigentlich aussehen sollte – rot und leuchtend! Sie zeigen verstümmelte Hände, Schusswunden in Köpfen und Körpern, Tote. Was sie nicht zeigen? Den schmalen Grat zwischen Weltschmerz auf der einen, selbstzerstörerischem Wahnsinn auf der anderen Seite. Die Hilflosigkeit des Travis Bickle, der nicht weiß wohin mit seinem Hass und mit seiner Frustration: „Hier ist ein Mann, der sich nicht mehr alles gefallen lässt, ein Mann, der sich gegen den Abschaum, die Nutten, den Dreck und die Scheiße und die miesen Schweine wehrt. Hier ist ein Mann, der sich wehrt!“
Ein Klassiker also. Das sagt auch Steve Schapiro (aber was soll er auch anderes sagen?): „It’s a classic film because Robert de Niro does an incredible performance that creates a great character and he does it flawlessly so that you never come out of it. You never look at him as Robert De Niro, you look at him as Travis Bickle and it’s a very strong portrayal. The director Martin Scorseese put a lot of energy in that film so that the emotional moments are truely emotional and shot that way.“ - „Der Film ist ein Klassiker, weil Robert De Niro seine Rolle so großartig und fehlerfrei spielt. Man nimmt ihn nicht einen Moment als Robert De Niro wahr, sondern als Travis Bickle. Scorsese hat extrem viel Energie in diesen Film gesteckt, so dass die mitreißenden, die emotionalen Momente auch wirklich als solche funktionieren!“

(In etwas anderer Version ist dieser Text als Radiobeitrag vom Deutschlandfunk gesendet worden.)