EX EX EX EX ... und Plastikman

Flower
Plastikman, das ist das bekannteste Pseudonym von Richie Hawtin und wenn man über den in England geborenen, in Kanada aufgewachsenen, in Detroit bekannt gewordenen und in Berlin lebenden Musiker schreiben will, dann wird es gefährlich. Denn „der Richie“, wie ihn seine Fans nennen (diese Ehre wird sonst noch „dem Sven“ (Väth) und „dem Ricardo“ (Villalobos) gegönnt), ist einer von den ganz Großen, da gilt jedes kritische Wort als Majestätsbeleidigung. Er hat ja auch viel für die elektronische Musik und die Clubkultur geleistet, als DJ, Produzent und Labelbetreiber verhalf er von Berlin aus dem Minimal Techno zu ein paar großen Jahren. Hört man sich aber dieses EX-Album an, ein Mitschnitt seines Live-Konzerts im New Yorker Guggenheim Museums im letzten Jahr, können einem schon Zweifel kommen:
Hat der Kaiser möglicherweise keine Kleider mehr an? Ist da also weniger Substanz, als jahrelang angenommen? EX bietet sehr schön produzierte Klänge, das stimmt, aber eigentlich unspannend, wie sich hier mehr oder weniger bekannte Sounds mehr oder weniger zufällig aneinanderreihen. EX, so sagt Hawtin, soll eine Exkursion in die Vergangenheit sein, mit der gleichzeitig die Unbestimmtheit der Zukunft erforscht wird. Große Worte, die wohl verschleiern sollen, dass hier eher Herkömmliches passiert. Immerhin: so eine Dekonstruktion kann ja auch ganz spannend sein. EX wird übrigens auch in einer so genannten SubPac-Edition veröffentlicht: zur Platte erhält man dann eine Art Rückenpolster, das den Bass aus einem MP3-Player direkt in den Körper weiterleitet. 400 Dollar kostet das Ganze und ich weiß nicht, wer so etwas braucht. Also außer Richie Hawtin jetzt vielleicht.