TFZTT: Technofreie Zone Top-10

Flower
Die elektronische Tanzmusik, im Volksmund auch Techno genannt, hat in den deutschen Albumcharts nicht viel zu melden. Ab und zu verirrt sich mal ein DJ Antoine oder einer von den anderen Rummelplatz-Bummsköpfen in die Top-10, aber da denkt man dann ja: Lieber gar kein TechnoElectro als so was! Trotzdem: Es gibt ja auch ein Leben neben dem elektronischen („Niemand ist eine Insel!“). Und irgendwie hat es eine ungemein reinigende und erfrischende Wirkung, sich über das, was sich in Deutschland gut verkauft, aufzuregen. Oder, eher selten, sich auch mal zu freuen. So wie jetzt: deutsche Album-Charts der Woche, fachkundig (!) kommentiert.
Denn auf Platz 10 hört Christina Stürmer auf ihr Herz...

Auf sein Herz zu hören, behauptet die Österreicherin Christina Stürmer, bedeutet: Nicht immer alles zu sehr zu überdenken. Das hört sich im Interview natürlich toll an, verspricht die Musikerin doch große Gefühle und Ehrlichkeit. Ehrlich ist an diesem Album aber gar nichts: die Songs leben von hohlem Pathos und sind so kalkuliert und gefühlsduselig, dass es weh tut.

Platz 9: Frei.Wild: Feinde deiner Feinde

Man kann es nicht oft genug sagen: Diese Band mit der fragwürdigen Gesinnung ist nicht rebellisch, sie ist dumm. Ihre Posen: albern. Ihre Songs: schlecht. Die Texte: verquast. Und jetzt sollen diese Musiker-Zwerge auch noch ein Gitarrenriff von einer anderen Nazi-Band geklaut haben. Das passt.

Platz 8: Passenger: All the Little Lights
Wer hätte das gedacht: Mike Rosenberg alias Passenger ist nicht nur das niedliche kleine Ding, das in gut geschriebenen Texten das Leben in all seinen Facetten feiert, sondern auch ein Bumerang, der immer wieder in die Charts zurückkehrt. Warum nun gerade er, das bleibt ein Rätsel – Zeitgeist plus Zufall, vermute ich mal.

Platz 7: Depeche Mode: Delta Machine
Zeitgeist und Zufall spielten auch für die Synthie-Arbeitsgruppe aus Basildon einmal eine große Rolle. Aber das ist über 30 Jahre her. Inzwischen ist jedes neue Depeche-Mode-Album ein Selbstläufer. Delta Machine bietet moderne elektronische Klänge plus gewohnt gepeinigten Gesang von Dave Gahan.

Auf Platz 6: Macklemore and Ryan Lewis mit ihrem Album „The Heist“

Auf den ersten Blick gar nicht so spektakulär: Hip-Hop mit Popappeal, schon vor einem halben Jahr veröffentlicht. Aber witzig, frisch und auf den Punkt produziert. So einfach kann es manchmal sein.



Apropos einfach: Platz 5: Pink mit The Truth about Love.
Die Wahrheit über die Liebe? Schön, wenn sie da ist, schlecht, wenn sie geht. Im Gegensatz zu vielen anderen Musikern weiß die amerikanische Sängerin Pink nicht nur ein bisschen, was genau das alles bedeutet, sondern sie hat das in zum Teil extremer Form am eigenen Leib erfahren. Da hätten wir sie also wieder, die viel beschworene Authentizität!


Platz 4: Michael Buble: To Be Loved
Wer sich vom kanadischen Jazzsänger Michael Buble Überraschendes, Aufregendes oder gar Revolutionäres erhofft, ist entweder verrückt oder hat keine Ahnung oder beides. Buble wird auch als 90-Jähriger Alben abliefern, auf denen sich schon bekannte Jazz-Standards und radiofreundliche neue Nummern abwechseln. Es sei denn, wir hören auf, seine Musik zu kaufen. Wollen wir? Ich wär dafür!


Platz 3: Volbeat: Outlaw Gentlemen & Shady Ladies

Besser gut geklaut als schlecht selbst gemacht: Die dänische Band Volbeat liefert Musik, die Eier hat. Und Melodie. Elvis-Metal lautet eine der vielen Schubladen. Guter handgemachter Hardrock, schwärmt der tätowierte Eckkneipenbesucher.

Und wir bleiben auch auf Platz 2 hart und im Norden: HiM, die finnischen Metalrocker, liefern mit „Tears on Tape“ ihr achtes Album ab. Ein Schaf im Wolfspelz, die als Akustik-Werk geplante Platte hat nachträglich rockige Sounds übergezogen bekommen. Kann aber nicht davon ablenken, dass Sänger Ville Valo und seine Jungs schon lange den Zenith überschritten haben.


Platz 1: Deep Purple: Now What?!

Die englischen Hardrock-Götter kommen auf die Erde zurück. Die erste Regung: Gibt’s die immer noch? Die zweite: Now what? Und nu? Kein Grund, sich aufzuregen – das ist einfach mehr vom bekannten Sound. Nett, progressiv, ganz sicher kein Smoke on the Water Zwei. Kann ja auch nicht jedesmal klappen.